301. Was das freundlichste nach Gott.
Das freundlichste nach Gott ist die verliebte Seele: Drumb hat er seine Lust zu seyn in jhrer Höle. |
302. Das Schnelleste.
Die Lieb ist's schnellste Ding: Sie kan für sich allein Jn einem Augenblik im höchsten Himmel seyn. |
303. Kennzeichen der falschen Liebe.
Wiltu die falsche Lieb von wahrer unterscheiden / So schau sie sucht sich selbst / und fället ab inn Leiden. |
304. Das Kreutz probirt die liebe.
Jm Feuer wird das Gold obs reine sey probirt / Und deine Lieb im Kreutz / wie lauter sie / gespürt. |
305. Die Liebe Gottes ist wesentlich.
Die Liebe gegen Gott steht nicht in süssigkeit / Süss ist ein zufall nur: sie steht in Wesenheit. |
306. Ein unverwundtes Hertz ist ungesund.
Ein Hertze welches nicht von GOttes Lieb ist Wund: Jst / ob es zwar nicht scheint / gantz Krank und ungesund. |
307. Die Liebe ist GOtt gemeiner als Weißheit.
Die Liebe geht zu GOtt unangesagt hinein: Verstand und hoher Witz / muß lang' im Vorhof seyn. |
308. Wie GOtt so allgemein.
Wie allgemein ist GOtt! Er hat der Bauer Magd Die Kunst wie man jhn Küst / so wol als dir gesagt. |
309. Das erfreulichste der Seelen.
Diß ist's erfreulichste / wie meiner Seel fällt ein / Daß sie wird jmmer Braut mit ewger Hochzeit seyn. |
310. Was der Kuß GOttes ist.
Der Kuß deß Bräutgams GOtts / ist die Empfindlichkeit Seins gnädgen Angesichts / und seiner süssigkeit. |
311. Die Seele kan nichts ohne GOtt.
So schön die Laute sich auß eignen Kräfften schlägt / So schön klingt auch die Seel die nicht der HERR bewegt. |
312. Der guldene Begrief.
Der guldene Begrief durch den man alles kan / Jst Liebe: Liebe nur / so hastu's kurtz gethan. |
313. Das Edleste Gemütte.
Kein Edleres Gemütt ist auf der gantzen Welt / Als welchs mit GOtt vereint / für einen Wurm sich hält. |
314. Barmhertzigkeit schleust den Himmel auf.
Kind mache dich gemein mit der Barmhertzigkeit: Sie ist die Pförtnerinn im Schloß der Seeligkeit. |
315. Verkleinerung erhebt.
Verkleinere dich selbst / so wirstu groß mein Christ / Je schnöder du dich schätzst / je würdiger du bist. |
316. Der Evangelische Hirte.
Der Hirt' ist GOttes Sohn / die GOttheit ist die Wüste / Jch bin das Schaf das Er für andren sucht' und küste. |
317. Die Früchte der Tugenden.
Die Demut die erhebt / die Armuth machet Reich / Die Keuschheit Engelisch / die Liebe GOtte gleich. |
318. Wie man inn Himmel sieht.
Man darf kein Ferngesicht inn Himmel einzusehen / Kehr dich nur von der Welt / und schau: so wirds geschehen. |
319. Die gröste Seeligkeit.
Die gröste Seeligkeit die ich mir kan ersinnen Jst / daß man GOtt wie süss' Er ist wird schmekken können. |
320. Der nächste Weg zu GOtt.
Der nächste Weg zu GOtt ist durch der Liebe Thür: Der Weg der wissenschafft bringt dich gar langsam für. |
321. Worinn die Ruhe deß Gemüttes bestehe.
Die Ruhe deß Gemütts besteht in dem allein / Daß es Vollkömmlich ist mit GOtt ein einges Ein. |
322. Die Seeligkeit ist in dem höchsten Gutt.
Kein Mensch kan seelig seyn / als in dem höchsten Gutt: Wie daß mans dann verläst / und's kleine suchen thut? |
323. Warumb GOtt ewigen Lohn giebt.
GOtt muß die Heiligen mit ewgem Lohn belohnen: Weil sie jhm / wo Er wolt' / auch ewig würden frohnen. |
324. Die Krönende Tugend.
Die Tugend die dich Krönt mit ewger Seeligkeit / (Ach halte sie doch fest!) ist die beharrligkeit. |
325. Wenn die Himmelfahrt verhanden.
Wenn GOtt in dir gebohrn / gestorben / und erstanden: So freue dich daß bald die Himmelfahrt verhanden. |
326. Unterschiedliche Gelegenheit der Seele.
Deß Sünders Seele ligt / deß Büssers richt sich auf / Und deß Gerechten steht geschikt zum Tugend lauf. |
327. Warumb GOtt deß Regiments nicht müde wird.
GOtts und seins Geistesreich ist Liebe / Freude / Fride: Drumb wird Er deß Regierns in Ewigkeit nicht müde. |
328. GOtt betrübt die Sünde nicht.
GOtt thut die Sünde weh in dir als seinem Sohn: Jn seiner GOttheit selbst / da fühlt Er nichts davon. |
329. Die gantze Dreyfaltigkeit hilfft zur Seeligkeit.
Die Allmacht zeucht mich auf / die Weißheit weist mich an / Die Gütte hilffet mir / daß ich inn Himmel kan. |
330. Wenn man GOtt reden hört.
Wenn du an GOtt gedenkst / so hörstu Jhn in dir: Schwiegstu / und wärest still' / Er redte für und für. |
331. Was GOtt nicht thut / gefällt jhm nicht.
GOtt muß der Anfang seyn / das Mittel und das Ende / Wo Jhm gefallen solln die Werke deiner Hände. |
332. Wo der Mensch hinkomt / wann er in GOtt vergeht.
Wenn ich in GOtt vergeh / so komm ich wider hin Wo ich von Ewigkeit vor mir gewesen bin. |
333. Deß Teuffels Schlacht Vieh.
Die Seele welche sich die Sünde läst ermorden / Die ist (O grosser Spot!) deß Teuffels Schlacht Vieh worden. |
334. GOtt schätzt die Werke nach dem wesen.
Mensch deß Gerechten Schlaf ist mehr bey Gott geacht / Als was der Sünder Beht und singt die gantze Nacht. |
335. Unterscheid der drey Lichter.
Das Licht der Herrligkeit lass' ich die Sonne seyn / Die Gnade gleicht den Strahln / Natur dem Widerschein. |
336. Mit einem Auge muß man zihlen.
Die Seele welche GOtt das Hertze treffen wil / Seh nur mit einem Aug / dem rechten / auf das zihl. |
337. Das Geschöpff ist deß Schöpffers Trost.
Jch sein Geschöpffe bin deß Sohnes GOttes Kron / Die Ruhe seines Geists / und seiner Leiden lohn. |
338. Die Ewigkeit ist je länger je undurchschaulicher.
Das Meer der Ewigkeit je mehr's der Geist beschifft Je undurchschifflicher und weiter ers betrifft. |
339. Die GOttheit gründet kein Geschöpffe.
Wie tief die Gottheit sey kan kein Geschöpff ergründen: Jn ihren Abgrund muß auch Christi Seel verschwinden. |
340. Auch GOtt muß sich verdienen.
Daß ich den höchsten GOtt zum Bräutgam angenommen / Hat Er umb mich verdient / daß Er ist zu mir kommen. |
341. Wo die Zeit am längsten.
Je weiter man von GOtt / je tieffer in der Zeit: Drumb ist den Höllischen ein Tag ein' Ewigkeit. |
342. Wo man die Göttliche Höffligkeit lernt.
Kind wer in GOttes Hof gedänket zubestehn / Der muß zum Heilgen Geist hier in die Schule gehn. |
343. Das geistliche Orgelwerk.
GOtt ist ein Organist / wir sind das Orgelwerk / Sein Geist bläst jedem ein / und gibt zum thon die stärk. |
344. Die Armut ist im Geist.
Die Armut steht im Geist: ich kan ein Kaiser werden / Und doch so Arm seyn als ein Heiliger auf Erden. |
345. Wer inn Wunden Christi wohnt.
Der Geist der voller Freud' in Leiden wird gefunden / Und ruhe hat in Pein / der wohnt in Christi Wunden. |
346. Den Kindern gebühret Milch.
Den Männern giebet GOtt zu trinken starken Wein: Dieweil du noch ein Kind / flöst Er dir süsses ein. |
347. Wer eine tieffe mit GOtt.
Der Geist / der nunmehr ist mit Gott ein Einges Ein / Muß eben solcher Höh' / und solcher tieffe seyn. |
348. Wie Gott zumessen.
Unmeßlich ist zwar GOtt: jedoch kanstu Jhn messen / Wo du mein Hertze mißt: denn's ist von Jhm besessen. |
349. Du must der Gnade Lufft machen.
Räum weg / und mache Lufft; das Fünklein ligt in dir: Du flammest es leicht auf mit heilger Liebsbegiehr. |
350. Du must dich selbst ermuntern.
Mein Christ du must dich selbst durch GOtt vom Schlaf erwekken: Ermunterst du dich nicht / du bleibst im Traume stekken. |
351. Jm jnnern sind alle Sinnen ein Sinn.
Die Sinnen sind im Geist all' ein Sinn und gebrauch. Wer GOtt beschaut / der schmäkt / fühlt / reucht / und hört Jhn auch. |
352. Was das süsseste und seeligste.
Nichts süssers ist als GOtt ein Menschen Kind zusehn: Nichts Seelgers als in sich fühln die Geburt geschehn. |
353. Das Antlitz Gottes macht trunken.
Das Antlitz Gotts macht voll. Sähstu einmal sein Licht: Du würdest trunken seyn von diesem Angesicht. |
354. Ungekreutzigt komt niemand inn Himmel.
Christ flieh doch nicht das Kreutz; du must gekreutzigt seyn: Du komst sonst nimmermehr ins Himmelreich hinein. |
355. Woher die Ungleichheit der Heiligen.
GOtt wirkt nach der Natur: diß macht den unterscheid / Daß dieser Heilige sich kränkt / der andre freut. |
356. Das Vollkomne vertreibt das Un-Vollkomne.
Wenn das Vollkommne kömt / fällt's Unvollkommne hin: Das Menschliche vergeht / wenn ich vergöttet bin. |
357. Wenn sich GOtt ins Hertz ergeust.
Mensch wenn dein Hertz ein Thal / muß GOtt sich drein ergiessen Und zwar so mildiglich daß es muß überfliessen. |
358. GOtt wird was Er wil.
GOtt ist ein Ewger Geist / der alls wird was Er wil / Und bleibt doch wie Er ist Unformlich und ohn Ziehl. |
359. Gleichnüß der H. Dreyfaltigkeit mit der Sonne.
GOTT Vatter ist der Leib / und GOtt der Sohn das Licht / Die Strahln der heilge Geist / der beiden ist verpflicht. |
360. Wenn man jhm den Tod deß HErren zueignet.
Freund / wenn ich selber mir absterbe hier und nu / Dann eign' ich mir den Tod deß Herren erst recht zu. |
361. Die Gnade Gottes fleust allzeit auß.
Die Gnade fleust von Gott wie Wärmde von dem Feur. Nahstu dich nur zu Jhm / sie komt dir bald zu Steur. |
362. Die höchste Seeligkeit.
Die höchste Seeligkeit die mir GOtt selbst kan geben / Jst daß er mich wie sich wird machen und erheben. |
363. Deß Weisen verrichtung.
Ein Narr ist viel bemüht: deß Weisen gantzes thun / Das zehnmal Edeler / ist Lieben / schauen / ruhn. |
364. Wer in dem Wirken ruht.
Der Weise welcher sich hat übersich gebracht / Der ruhet wenn er laufft und wirkt wenn er betrachte |
365. Der Larven Mensch.
Ein Mensch der wie das Vieh in alle Lust außbricht / Jst nur ein Larven Mensch: er scheint und ists doch nicht. |
366. Das Lauttenspiel GOttes.
Ein Hertze das zu Grund GOtt still ist wie er wil / Wird gern von Jhm berührt: es ist sein Lautenspil. |
367. Wer auf alle Fälle geschikt ist.
Wer Gott so leicht entbehrn / als leicht empfangen kan / Der ist auff allen Fall ein rechter Helden Mann. |
368. Bey welchem GOtt gerne ist.
Mensch wenn du Gottes Geist bist wie dir deine Hand / Macht die Dreyfaltigkeit sich gern mit dir bekandt. |
369. Die Seele ausser jhrem Ursprung.
Ein fünklein aussrem Feur / ein tropffen aussrem Meer: Was bistu doch O Mensch ohn deinen wiederkehr? |
370. Jn GOtt ist alles.
Was deine Seel begehrt / bekommt sie alls in GOtt: Nimbt sie es ausser Jhm / so wird es jhr zum Tod. |
371. Wen Gott nicht loß kan bitten.
Mensch stirbstu ohne GOtt: es kan nicht anders seyn / Bäth' auch GOtt selbst für dich / du must in Pful hinein. |
372. Die Braut sol wie der Bräutgamb seyn.
Jch muß verwundet seyn. Warumb? weil voller Wunden Mein ewger Bräutigam der Heyland wird gefunden: Was Nutzen bringt es dir? Es stehet gar nicht feyn: Wenn Braut und Bräutigam einander ungleich seyn. |
373. Das allerseeligste Hertze.
Ein reines Hertz schaut Gott / ein heilges schmäket Jhn: Jn ein Verliebetes wil er zu Wohnen ziehn. Wie seelig ist der Mensch der sich befleist und übt / Daß jhm sein Hertze wird rein Heilig und verliebt! |
374. Man überkömt mit meiden.
Freund meide was dir Lieb / fleuch was dein Sinn begehrt. Du wirst sonst nimmermehr gesättigt und gewehrt. Viel wären zum Genuß der ewgen Wollust kommen / Wenn sie mit Zeittlicher sich hier nicht übernommen. |