1. Auf die Krippe JEsu.
Diß Holtz ist köstlicher als Salomonis Thron; Weil drein geleget wird der wahre GOttes Sohn. |
2. Uber den Stall.
Ach Pilger kehr hier ein / der Stall zu Betthlehem Jst besser als die Burg und Stadt Jerusalem. Du Herbergest hier wol: weil sich das Ewge Kind / Mit seiner Jungfrau Braut und Mutter hier befindt. |
3. An die Jungfrau MARIA.
Sag an / O werhte Frau / hat dich nicht außerkohrn Die Demut / daß du GOtt empfangen und gebohrn? Sag / obs was anders ist? Damit auch ich auf Erden Kan eine Magd und Braut und Mutter Gottes werden. |
4. Ein Seufftzer.
Man legte GOtt aufs Stroh / als Er ein Mensch ward / hin: Ach daß ich nicht das Heu und Stroh gewesen bin! |
5. An den Gelehrten.
Du grübelst in der Schrifft / und meinst mit Klügeley Zu finden GOttes Sohn: Ach mache dich doch frey Von diser Sucht / und komm inn Stall jhn selbst zu küssen. So wirstu bald der Krafft deß wehrten Kinds geniessen. |
6. Die GOttes gewürdigte Einfalt.
Denkt doch / was Demut ist! seht doch was Einfalt kan! Die Hirten schauen GOtt am allerersten an. Der siht GOtt nimmermehr / noch dort noch hier auf Erden / Der nicht gantz jnniglich begehrt ein Hirt zu werden. |
7. Das wohlbethaute Heu.
Kein Vieh hat besser Heu / weil Graß wächst / je genossen! Als was mein Jesulein der ärmste hat begossen Mit seiner Aüglein thau: Jch dächte mich / allein Durch diese Kost gerecht und Ewig satt zu seyn. |
8. Die seelige Nachtstille.
Merk / in der stillen Nacht wird GOtt ein Kind gebohrn / Und widerumb ersetzt was Adam hat verlohrn: Jst deine Seele still und dem Geschöpffe Nacht / So wird GOtt in dir Mensch / und alles wiederbracht. |
9. An die Hirten.
Gieb Antwort liebes Volk / was hastu doch gesungen Als du inn Stall eingingst mit den erbebten Zungen / Und GOtt ein Kind gesehn? Daß auch mein Jesulein Mit einem Hirten Lied von mir gepreist kan seyn. |
10. Das Unerhörte Wunder.
Schaut doch jhr lieben schaut / die Jungfrau säugt ein Kind / Von welchem ich und sie / und jhr / gesäuget sind. |
11. Der eingemenschte GOtt.
GOtt trinkt der Menschheit Milch / läst seiner GOttheit Wein: Wie solt' er dann numehr nicht gar durchmenschet seyn? |
12. Es trägt und wird getragen.
Das Wort das alles trägt / auch selbsten Gott den Alten / Muß hier ein Jungfräulein mit ihren ärmlein halten. |
13. Jch die Ursach.
Sag allerliebstes Kind / bin ichs umb den du weinst? Ach ja du sihst mich an: ich bins wol den du meinst. |
14. Küssungs Begierde.
Ach laß mich doch mein Kind mein Gott an deinen Füssen / Nur einen Augenblik das minste Brünklein küssen. Jch weiß werd' ich von Dir nur bloß berühret seyn / Daß straks verschwinden wird / mein' / und auch deine Pein. |
15. Der beste Lobgesang.
Singt singt jhr Engel singt: mit hundert tausend Zungen Wird dieses wehrte Kind nicht würdiglich besungen. Ach möcht' ich ohne Zung / und ohne Stimme seyn! Jch weiß ich säng' ihm straks das liebste Liedelein. |
16. Er mir / ich Jhm.
Wißt / GOtt wird mir ein Kind / ligt in der Jungfrau Schoß / Daß ich jhm werde GOtt / und wachs jhm gleich und groß. |
17. Am Nächsten am besten.
Mensch werde GOtt verwandt auß Wasser / Blutt und Geist / Auf daß du GOtt in GOtt auß GOtt durch GOtte seyst. Wer jhn Umbhalsen wil / muß jhm nicht nur allein Befreundet / sondern gar sein Kind und Mutter seyn. |
18. Die beweglichste Musica.
O seht / das liebe Kind wie es so süsse weint! Daß alle Stösserlein Hertz-grund-beweglich seind. Laß doch mein Ach und O in deins vermengt erschallen! Daß es für allem thon GOtt könne Wolgefallen. |
19. Die seelige Uber-formung.
Jch rathe dir Verformt ins JEsulein zu werden / Weil du begehrst zu seyn erlöset vonn Beschwerden. Wem JEsus helffen sol / vom Teufel / Tod und Pein: Der muß Warhafftig auch gantz eingeJeset seyn. |
20. GOTT-Mensch.
Je denkt doch GOtt wird ich / und kombt ins Elend her / Auf daß ich komm ins Reich / und möge werden Er! |
21. GOtt ist ein Kind / warumb.
Der Ewge GOttesSohn wird heut erst Kind genennt / Da Er doch tausend Jahr den Vatter schon gekennt; Warumb? Er war nie Kind. Die Mutter machts allein Daß Er warhafftiglich kan Kind gegrüsset seyn. |
22. Das gröste Wunder.
O Wunder GOttes Sohn ist ewiglich gewesen / Und seine Mutter ist doch heut erst sein genesen! |
23. Die Geistliche Mutter GOttes.
Marien Demut wird von GOtt so werth geschätzt / Daß Er auch selbst jhr Kind zu seyn sich hoch ergötzt: Bistu demüttiglich wie eine Jungfrau rein; So wird GOtt bald dein Kind / du seine Mutter seyn. |
24. An das Kindlein JEsu.
Wie sol ich Dich mein Kind die kleine Liebe Nennen / Dieweil wir deine Macht unendlich groß erkennen? Und gleichwol bistu klein! ich sprech dann groß und klein / Kind / Vatter / GOtt und Mensch / O Lieb' erbarm dich mein. |
25. Ein Kind seyn ist am besten.
Weil man nunmehr GOtt selbst den grösten kleine findt / So ist mein gröster Wuntsch zu werden wie ein Kind. |
26. Der Mensch das würdigste.
GOtt weil Er wird ein Mensch / zeugt mir daß ich allein Jhm mehr und wehrter bin als alle Geister seyn. |
27. Der Nahme JEsus.
Der süsse JEsus Nahm' ist Hönig auf der Zung; Im Ohr ein Brautgesang / im Hertz ein Freudensprung. |
28. Der Kreiß im Puncte.
Als GOtt verborgen lag in eines Mägdleins Schoß / Da war es / da der Punct den Kreiß in sich beschloß. |
29. Das Grosse im Kleinen.
Du sprichst / das Grosse kan nicht in dem Kleinen seyn / Den Himmel schleust man nicht ins Erdenstüpffchen ein. Komb schau der Jungfraun Kind; so sihstu in der Wiegen / Den Himmel und die Erd' / und hundert Welte liegen. |
30. Auf die Krippe JEsu.
Hier liegt das wehrte Kind / der Jungfrau erste Blum / Der Engel Freud und Lust / der Menschen Preiß und Ruhm. Sol Er dein Heyland seyn / und dich zu GOtt erheben / So mustu nicht sehr weit von seiner Krippe leben. |
31. Dein Hertz wanns leer / ist besser.
Ach elend! Unser GOtt muß in dem Stalle seyn! Räum auß mein Kind dein Hertz / und giebs Jhm eylends ein. |
32. Der Himmel wird zur Erden.
Der Himmel senket sich / er kombt und wird zur Erden: Wann steigt die Erd' empor / und wird zum Himmel werden? |
33. Wann GOtt empfangen wird.
Als dann empfähstu GOtt / wann seines Geistes gütte / Beschattet seine Magd die Jungfrau dein Gemütte. |
34. Auf das Creutz unsers Erlösers.
Gewiß ist dieser Baum vom Lebens Baum gehägt / Weil er solch' edle Frucht das Leben selber trägt. |
35. Das allersüsseste.
Süß ist der Hönigseym / süß ist der Rebenmost / Süß ist das Himmelbrod der Jsrelitten kost: Süß ist was Seraphin von anbegin empfunden / Noch süsser ist HErr Christ das süsse deiner Wunden. |
36. Die übertreffliche Liebe.
Gantz unbegreiflich ist die Lieb' auß der sich GOtt Jn eines Mägdlein Schoß zum Bräutgam mir entboth. Doch gleichet diesem nichts daß er auch Leib und Leben / Am Creutze wie ein Schelm für mich hat hin gegeben. |
37. Der verliebte GOtt.
GOtt liebet mich allein / nach mir ist Jhm so bange / Daß Er auch stirbt für Angst / weil ich Jhm nicht anhange. |
38. Die heylsame Wunde.
Die Wunde die mein GOtt für mich ins Hertz empfängt / Verursacht / daß Er mir sein Blut und Wasser schenkt: Trink ich mich dessen Voll / so haben meine Wunden / Jhr wahres Balsamöl / und besten Heiltrank funden. |
39. Der beste Stand unter dem Creutze.
Das Blutt das unserm HERRN auß seiner Wunden fleust / Jst seiner liebe Thau damit Er unß begeust: Wiltu befeuchtet seyn / und Unverwelklich blühen / So mustu nicht einmal von seinem Creutze fliehen. |
40. Ans Creutze Christi.
Schau deine Sünden sinds die Christum unsern Gott So unbarmhertziglich verdammen biß inn Tod. Jedoch verzweiffle nicht; bistu nur Magdalen / So kanstu seeliglich bey seinem Creutze stehn. |
41. An den Creutzfliehenden.
Ach Kind ists dir denn auch zur Zeit noch nicht bewust Daß man nicht jmmer liegt an unsers HErren Brust? Wen Er am liebsten hat / der muß in Creutz und Pein / Jn Marter / Angst und Tod der Nächste bey ihm seyn. |
42. An den Sünder.
Wach auf du todter Christ / Schau unser Pelican / Sprengt dich mit seinem Blutt und Hertzenwasser an. Empfängstu dieses recht mit aufgethanem Mund / So bistu Augenbliks Lebendig und Gesund. |
43. Das Oster Lamb.
Der Juden Oster Lamb war Fleisch und Blutt vonn Thieren: Und dennoch konte sie der Würger nicht berühren: Ess' ich mein Oster Lamb / und zeichne mich mit Blut / Das sein verwundter Leib für mich vergissen thut: So ess' ich meinen HErrn / GOtt / Bruder / Bräutgam / Bürgen: Wer ist dann nu der mich kan schlagen und erwürgen? |
44. Auf das Grab JEsu.
Hier ligt der welcher ist / und war / eh Er geworden: Ein Held / der seinen Feind mit Leyden kan ermorden. Wiltu ihm werden gleich / und Uberwinder seyn / So leyd / meid / fleuch und stirb / in Wolust und in Pein. Weistu nicht wer Er ist? so merke diese Drey / Daß er ein Mensch und GOtt / und dein Erlöser sey. |
45. Grabschrifft der H. Mechtildis.
Hier ligt die Jungfrau Gotts / die blühende Mechtild, Mit der er offt sein Hertz gekühlt hat und gestillt. |
46. Eine andere.
Hier liget GOttes Braut Mechtild das liebe Kind / Jn welches Vater / Sohn / und Geist verlibet sind. |
47. Auf den Grabstein S. Francisci.
Hier ligt ein Seraphin / mich wundert wie der Stein / Bey solchem Flammen-Feur noch gantz kan blieben seyn! |
48. Der einige Tag.
Drey Tage weiß ich nur; als gestern / heut / und morgen: Wenn aber gestern wird ins heut und Nun verborgen / Und morgen außgelöscht: so leb ich jenen Tag / Den ich / noch eh ich ward / in GOtt zu leben pflag. |
49. Grabschrifft deß Gerechten.
Hier ist ein Mann gelegt der stäts im Durste lebte / Und nach Gerechtigkeit bey Tag und Nachte strebte / Und nie gesättigt ward. Nun ist ihm Allbereit / Sein Durst gestillt mit GOtt der süssen Ewigkeit. |
50. Das Grosse im Kleinen.
Mein Gott wie mag das seyn? mein Geist die nichtigkeit / Sehnt zuverschlingen dich den Raum der Ewigkeit! |
51. Braut und Bräutigam.
Ein Bräutgam seyn ist viel: noch mehr der Braut genissen / Und jhren süssen Mund mit Hertzer-Liebe küssen: Jch aber liebe mehr die Hochzeit / da ich Braut GOtt meinem Bräutigam werd' innig eingetraut. |
52. Grabschrifft der H. Jungfrauen Gertrudis.
Glaub hier in diesem Grab ligt nur ein blosser schein / Es kan Gertrudis nicht wie man vermeinet seyn. Wo sie nicht solt' jhr Grab im Hertzen JEsu haben / So muste JEsus seyn auß jhrem ausgegraben. |
53. Was GOtt am liebsten ist
Nichts ist das GOtt so sehr als eine Jungfrau liebt / Daß er auch jhr sich selbst zur Frucht und Kind ergiebt: Wilstu sein liebstes seyn noch hier auf dieser Erden / So darffstu anders nichts als seine Jungfrau werden. |
54. Auf das Bildnuß deß kleinen Johannes mit dem JEsus Kindlein.
Die grosse Lieblichkeit / mit welcher GOttes Kind / Johannes / und das Lamb allhier gemahlet sind / Macht daß ich jnniglich begehre gantz zuseyn / Johannes / oder ja ein lautres Lämmelein. |
55. An den Sünder.
O Sünder wann du wol bedächst das kurtze Nun / Und dann die Ewigkeit / du würdst nichts böses thun. |
56. Von dem GOttsbegierigen.
Dem GOttsbegierigen wird dieser Punct der Zeit Viel länger als das seyn der gantzen Ewigkeit. |
57. Des Christen Kriegens-Art.
Gewöhne dich mein Kind auf Christi Art zu kriegen / So wirstu deinen Feind gar Ritterlich besiegen: Wie da? mit Liebe streit / mit Sanfftmut und Geduld Weich seinen streichen auß / und sey jhm gerne Huld. |
58. Es muß gestritten seyn.
Freund wer den Himmel nicht erobert und bestürmt / Der ist nicht wehrt daß jhn sein Oberster beschirmt. |
59. Die Liebe zwinget GOtt.
Das Himmelreich wird leicht erobert / und sein Leben: Belagre GOtt mit Lieb: Er muß dirs übergeben. |
60. Majestät mit Liebe.
Wärs wahr daß Majestät nicht könte stehn mit Liebe; So sage mir wie GOtt ein Ewger König bliebe? |
61. Die Demut macht bestehn.
Mensch überheb dich nicht / die Demut ist dir noth: Ein Thurn ohn rechten Grund fällt von sich selbst inn Koth. |
62. Von S. Laurentius.
Verwundere dich nicht daß mitten auff der Glutt St. Laurentz seinen Mund so unverzagt auffthut: Die Flamme die jhm hat in jhm sein Hertz entzündt / Macht daß er äuserlich das Kohl-Feur nicht empfindt. |
63. An die H. Clara.
Wer dich genennet hat / hat dir den Nahmen geben / Den du mit Wahrheit hast / hier und in jenem Leben. |
64. An S. Augustin.
Die weil dein Hertz nach GOtt so lodert Augustin, Nennt man dich billicher hinführo Seraphin. |
65. Von Maria Magdalena.
Die Thränen welche du bey unsers HErren Füssen Die nasse Magdalen so heuffig sihst vergissen / Seind jhr zerschmoltznes Hertz: diß kränket sie allein / Daß nicht jhr Seel und Leib gantz sollen Thränen seyn. |
66. Von der Allerseeligsten Jungfrauen.
Der Jungfräuliche Leib / der unser Himmelbrodt Jn sich beschlossen hilt / ist warlich nicht mehr Todt. Es fault kein Cederbaum: so wär' es auch nicht fein / Wann ausserm Tempel GOtts sein' Arche solte seyn. |
67. An Sanct Bernhard.
Bernhard weil mit dem Mund dein Hertz stimmt überein / So kan es anders nichts als lauter JEsus seyn. |
68. Die Seeligkeit.
Was ist die Seeligkeit? Ein zufluß aller Freuden; Ein stätes anschaun Gotts; Ein lieben ohn Verdruß; Ein Leben ohne Tod; Ein süsser JEsus-Kuß: Nicht einen Augenblik vom Bräutigam seyn gescheiden. |
69. Deß heiligen Reichthumb.
Sey arm / der Heylige hat nichts in dieser Zeit / Als was er ungern hat / den Leib der Sterblichkeit. |
70. GOtt der freygebigste.
GOtt gibt sich ohne maß: Je mehr man jhn begehrt / Je mehr und mehr Er sich erbietet und gewehrt. |
71. Jrrdischer Seraphin.
Du bist ein Seraphin noch hier auf dieser Erden: Wo du dein Hertze läst zu lauter Liebe werden. |
72. Ewiges Leben in der Zeit.
Wer GOtt in allem Thun von Hertzen Loben kan / Der hebt schon in der Zeit das Ewge leben an. |
73. Von S. Bartholomi.
Sag ob auch jemand ist / der mehr verlassen kan / Als S. Bartholomé zur Leydenszeit gethan? Die andern liessen zwar dem Herrn zu Ehrn jhr Leben: Er aber hat auch noch die Haut darzu gegeben. |
74. Der Frommen und Bösen Eigenthum.
Die Fromen haben gar nichts Eignes in der Welt / Und die Gottlosen nichts im Ewgen Himmels Zelt. |
75. Das köstlichste Grab.
Kein Grab ist köstlicher biß heute zu gewesen / Als was von Lazari deß armen wird gelesen: Und doch verlang' ichs nicht: ich wünsche mir allein Jn meines Heylands Schoß tief einversenkt zu seyn. |
76. Die Seel ist GOttes bild.
Das Bildnüß GOttes ist der Seelen eingeprägt / Wol dem der solche Müntz' in reiner Leinwand trägt. |
77. Der Rosenobel.
Wie Thöricht ist der Mensch / der Gold für GOtt erkiest: Und weiß daß seine Seel ein Rosenobel ist. |
78. Die Geistliche Sulamith.
GOtt ist mein Salomon, ich seine Sulamith, Wenn ich jhn hertzlich Lieb' / und Er sich mir entbiet. |
79. Die geistliche Hochzeit.
Die Braut ist meine Seel; der Bräutgam GOttes-Sohn; Der Priester Gottes Geist / und seiner Gottheit Thron Jst der VermählungsOrt: der Wein der mich macht trunken / Jst meines Bräutgams Blutt / die Speisen allzumal Sind sein Vergöttet Fleisch / die Kammer und der Saal / Und's Bett'/ ist's Vatters Schoß / in der wir seind versunken. |
80. GOtt kan nicht alls Allein.
GOtt der die Welt gemacht und wider kan zunichten: Kan nicht ohn meinen willn die Neugeburth ausrichten. |
81. Der beste Wucherer.
Dem Wuchrer fall ich bey der jhm sovil erlauffen / Daß er jhm kan ein Gutt im Himmelreich erkauffen. |
82. Ein jeders von dem seinen.
Der Schiffmann redt vom Meer / der Jäger von den Hunden / Der Geitzige von Gold / und ein Soldat von Wunden: Mir weil ich bin Verliebt / wil anders nichts gebührn / Als GOtt und seine Lieb im Munde stätts zuführn. |
83. Der gröste Titel.
Wer meiner Seele wil den grösten Titel geben / Der nenn sie GOttes Braut / sein Hertze / Schatz und Leben. |
84. Von den Rosen.
Die Rosen seh ich gern: denn sie sind weiß und roth / Und voller Dornen / wie mein Blutt-Bräutgam mein GOtt. |
85. Du solt seyn Weiß und Roth.
Von Hertzen wünsch ich mir ein Hertze / HErr mein GOtt / Jn deiner Unschuld weiß / von deinem Blutte roth. |
86. Auch untern Dornen blühen.
Christ / so du Unverwelkt in Leyden Creutz und Pein / Wie eine Rose blühst / wie seelig wirstu seyn! |
87. Dich auffthun wie die Rose.
Dein Hertz empfähet GOtt mit alle seinem Gutt / Wann es sich gegen jhm wie eine Ros' aufthut. |
88. Es muß Gecreutzigt seyn.
Freund wer in jener Welt wil lauter Rosen brechen / Den müssen vor allhier die Dornen gnugsam stechen. |
89. Die Schönheit.
Die Schönheit lieb' ich sehr: doch nenn ich sie kaum schön / Jm fall' ich sie nicht stätts seh' untern Dornen stehn. |
90. Jetzt mustu blühen.
Blüh auf gefrorner Christ / der Mäy ist für der Thür: Du bleibest ewig Todt / blühstu nicht jetzt und hier. |
91. Die geheimbe Rose.
Die Ros' ist meine Seel / der Dorn deß Fleischeslust / Der Frühling Gottes gunst / sein Zorn ist Kält und Frost: Jhr blühn ist guttes thun / den Dorn jhr Fleisch nicht achten / Mit Tugenden sich ziehrn / und nach dem Himmel trachten: Nimmt sie die Zeit wol wahr / und blüht weils Frühling ist / So wird sie ewiglich für GOttes Ros' erkiest. |
92. Das edleste und schnödeste.
Nichts Edlers ist nach GOtt als meine Seel allein: Wendt sie sich von jhm ab / so kan nichts schnöders seyn. |
93. Das gröste Heiligthum.
Kein grösser Heiligthum kan man auf Erden finden / Als einen keuschen Leib mit einer Seel ohn Sünden. |
94. Das wehrteste.
Kein ding ist auf der Welt so hoch und wehrt zuachten / Als Menschen die mit fleiß nach keiner Hochheit trachten. |
95. Das Schädlichste.
Die Sünde weil sie GOtt erzörnt / und dich verletzt / Wird billich schädlicher als Satan selbst geschätzt. |
96. An den Sünder.
Der reichste Teuffel hat nicht einen Kieselstein: Du bist des ärmbsten Sclav: kan auch was ärmers seyn? |
97. Die glükseelige Sünden.
Glükseelig preiß ich dich und alle deine Sünden / Wo sie nur endlich das / was Magdalene finden. |
98. Sich nicht verstellen ist nicht sündigen.
Was ist nicht sündigen? du darffst nicht lange fragen: Geh hin / es werdens dir die stummen Blumen sagen. |
99. Ein reines Hertz schaut GOtt.
Der Adler siht getrost grad in die Sonn hinein: Und du inn Ewgen blitz / im fall dein Hertz ist rein. |
100. Die Sanfftmut besitzt das Erdreich.
Du strebst so embsiglich nach einem Fleklein Erden: Durch Sanfftmut köntestu der gantzen Erbherr werden. |