1. Die Lieb ist aber Furcht.
GOtt fürchten ist sehr gutt: doch ist es besser lieben: Noch besser über lieb' in Jhn seyn aufgetrieben. |
2. Die Lieb' ist ein Magnet.
Die Lieb ist ein Magnet / sie ziehet mich in GOtt: Unnd was noch grösser ist / sie reisset GOtt inn Tod. |
3. Mensch in GOtt / GOtt im Menschen.
Wenn ich bin Gottes Sohn / wer es dann sehen kan / Der schauet Mensch in GOtt und Gott im Menschen an. |
4. Das Ewge Ja und Nein.
GOtt spricht nur jmmer
Ja;1) der
Teufel saget nein: Drumb kan er auch mit GOtt nicht Ja und eines seyn. |
5. Das Licht ist nicht GOtt selbst.
Licht ist deß HErren Kleid: gebricht dir gleich das Licht / So wisse daß dir doch GOtt noch nicht selbst gebricht. |
6. Nichts ist der beste Trost.
Nichts ist der beste Trost: Entzeucht GOtt seinen Schein / So muß das blosse Nichts dein Trost im Untrost seyn. |
7. Das wahre Licht.
GOtt ist das wahre Licht / du hast sonst nichts als glast / Jm falle du nicht Jhn das Licht der Lichter hast. |
8. Mit Schweigen lernet man.
Schweig allerliebster schweig: kanstu nur gäntzlich schweigen: So wird dir Gott mehr guts / als du begehrst / erzeigen. |
9. Das Weib auf dem Monden in Apoc.
Was sinnestu so tieff? das Weib im Sonneschein Das auf dem Monden steht / muß deine Seele seyn. |
10. Die Braut ist doch das liebste.
Sag was du wilt / die Braut ist doch das liebste kind / Das man in GOttes schoß und seinen armen findt. |
11. Die beste Sicherheit.
Schlaf meine Seele schlaf: Dann in deß Liebsten Wunden Hastu die sicherheit und volle Ruh gefunden. |
12. Die Jungfrauschafft.
Was ist die Jungfrauschafft? frag was die Gottheit sey: Doch kenstu Lauterkeit / so kennstu alle zwey. |
13. Die GOttheit und Jungfrauschafft.
Die GOttheit ist so nah der Jungfrauschafft verwandt / Daß sie auch ohne die nicht GOttheit wird erkandt. |
14. Wer eins nur liebt ist Braut.
Die Seele / die nichts weiß / nichts wil / nichts liebt / danns Ein / Muß heute noch die Braut deß Ewgen Bräutgams seyn. |
15. Die geheime Armutt.
Wer ist ein armer Mensch? der ohne Hülff und Rath Noch Creatur / noch GOtt / noch Leib / noch Seele hat. |
16. Wie weit GOttes Sitz seyn muß.
Mensch bistu nicht so weit als GOttes GOttheit ist / So wirstu nimmermehr zu seinem Sitz erkiest. |
17. GOtt wäigert sich niemand.
Nimm / Trink / soviel du wilt und kanst / es steht dir frey: Die gantze GOttheit selbst ist deine Gasterey. |
18. Die Weißheit Salomons.
Wie? schätzstu Salomon den weisesten Allein? Du auch kanst Salomon und seine Weißheit seyn. |
19. Das höchste ist Stille seyn.
Geschäfftig seyn ist gutt; Viel besser aber Bethen: Noch besser Stumm und still für Gott den Herren trethen. |
20. Das Lebens Buch.
GOtt ist deß Lebens Buch / ich steh in ihm geschrieben Mit seines Lammes Blutt: wie solt er mich nicht lieben? |
21. Du solt das Höchste seyn.
Die Welt ist Eitel nichts / die Engel sind gemein: Drumb soll ich Gott und Mensch in Christo Jesu seyn. |
22. Erheb dich über dich.
Der Mensch der seinen Geist nicht über sich erhebt / Der ist nicht wehrt daß er im Menschenstande lebt. |
23. Jn Christo komt man hoch.
Weil mein Erlöser hat die Engel überstiegen: So kan (wo ich nur wil) auch ich sie überfliegen. |
24. Jm Mittelpunct sicht man alles.
Wer jhm den Mittelpunct zum wohnhauß hat erkiest / Der siht mit einem Blik was in dem Umbschweif ist. |
25. Dein' Unruh machstu selbst.
Noch Creatur noch GOtt kan dich in Unruh bringen / Du selbst Verunruhst dich (O Thorheit!) mit den Dingen. |
26. Die Freyheit.
Du edle Freyheit du / wer sich nicht dir ergiebt / Der weiß nicht / was ein Mensch / der Freyheit liebet / liebt. |
27. Auch von jhr.
Wer Freyheit liebt / liebt Gott: wer sich in Gott versenkt / Und alles von sich stöst / der ists / dem GOtt sie schenkt. |
28. Die Gleichheit.
Die Gleichheit ist ein Schatz: hastu sie in der Zeit / So hastu Himmelreich und Volle Seeligkeit. |
29. Tod und GOtt.
Tod ist der Sünden Sold; Gott ist der Tugend Lohn: Erwürbstu diesen nicht / so trägstu den darvon. |
30. Zufall und Wesen.
Mensch werde wesentlich: denn wann die Welt vergeht / So fällt der Zufall weg / das wesen das besteht. |
31. Göttliche genissung.
Wer GOtts geniessen wil / und Jhm sich einverleiben / Sol wie ein Morgenstern bey seiner Sonne bleiben. |
32. Schweigen übertrifft der Engel gethöne.
Die Engel singen schön: Jch weiß daß dein Gesinge / So du nur gäntzlich Schwiegst / dem höchsten besser klinge. |
33. Wer älter ist als GOtt.
Wer in der Ewigkeit mehr lebt als einen Tag / Derselbe wird so Alt / als GOtt nicht werden mag. |
34. Rechter gebrauch bringt nicht Schaden.
Mensch sprichstu daß dich jchts von Gottes Lieb' abhält. So brauchstu noch nicht recht wie sichs gebürt der Welt. |
35. GOtt wil was köstlich ist.
Sey lauter / Licht' und steif / gleich wie ein Demantstein / Daß du inn Augen Gotts magst wehrt geschätzet seyn. |
36. Das Buch deß Gewissens.
Daß ich GOtt fürchten sol / und über alles lieben / Jst mir von Anbegin in mein Gemütt geschrieben. |
37. An einem Wort liegt alles.
Ein eintzigs Wort hilfft mir: schreibts GOtt mir einmal Ein / So werd' ich stätts ein Lamb mit Gott gezeichnet seyn. |
38. Der Bräutigam ist noch süsser.
Du magst GOtt wie du wilt für deinen Herrn erkenen: Jch wil jhn anderst nicht als meinen Bräutgam nennen. |
39. Der anbether im Geist und in der Warheit.
Wer in sich übersich in GOtt verreisen kan / Der bethet GOtt im Geist und in der Wahrheit an. |
40. GOtt ist das kleinst' und gröste.
Mein GOtt wie groß ist GOtt! Mein GOtt wie klein ist GOtt! Klein als das kleinste ding / und groß wie alls / von noth. |
41. Der gute Tausch.
Mensch gibstu GOtt dein Hertz / Er gibt dir seines wider: Ach welch ein wehrter Tausch! du steigest auf / Er nieder. |
42. Das untere schadet nicht.
Wer über Berg und Thal / und dem Gewölke sitzt / Der achtets nicht ein Haar / wenns donnert / kracht und blitzt. |
43. Die mittelwand muß wegg.
Wegg mit dem mittel weg / sol ich mein Licht anschauen / So muß man keine Wand für mein Gesichte bauen. |
44. Was Menschheit ist.
Fragstu was Menschheit sey? Jch sage dir bereit. Es ist / mit einem Wort / die über Engelheit. |
45. GOtt liebet sich allein.
Es ist gewißlich wahr / GOtt liebet sich allein / Und wer sein ander-Er in seinem Sohn kan seyn. |
46. Wer GOtt ist / siehet GOtt.
Weil ich das wahre Licht / so wie es ist / sol sehn; So muß ichs selber seyn: sonst kan es nicht geschehn. |
47. Die Liebe sucht nicht Lohn.
Mensch liebstu GOtt den HErrn / und suchest Lohn dabey / So schmäkestu noch nicht was Lieb' und lieben sey. |
48. GOtt kennt man am Geschöpffe.
GOtt der verborgne GOtt wird kundbahr und gemein / Durch seine Creaturn / die sein' entwerffung seyn. |
49. GOtt liebet die Jungfrauschafft.
GOtt trinkt der Jungfraun milch / zeugt durch diß hell und frey / Daß wahre Jungfrauschafft sein Trank und Labsal sey. |
50. GOtt wird ein kleines Kind.
GOtt schleust sich unerhört in Kindes Kleinheit ein: Ach möcht ich doch ein Kind in diesem Kinde seyn! |
51. Das unaussprechliche.
Dänkstu den Namen GOtts zu sprechen in der Zeit? Man spricht ihn auch nicht auß in einer Ewigkeit. |
52. Das Neu Jerusalem.
Das Neu Jerusalem bistu für GOtt mein Christ / Wenn du auß GOttes Geist gantz Neugebohren bist. |
53. Es mangelt nur an dir.
Ach könte nur dein Hertz zu einer Krippe werden / GOtt würde noch einmal ein Kind auf dieser Erden. |
54. Entbildet mustu seyn.
Entbilde dich mein Kind / so wirstu GOtte gleich: Und bist in stiller Ruh dir selbst dein Himmelreich. |
55. GOtt ist / Er lebet nicht.
GOTT ist nur Eigendlich: Er lebt und Liebet nicht / Wie man von mir und dir und andren Dingen spricht. |
56. Armut und Reichthumb.
Der / was er hat / nicht hat / und alles schätzet gleich / Der ist im Reichthum arm / in Armuth ist er reich. |
57. Man muß Jhm selbst entwachsen.
Entwächsestu dir selbst und aller Creatur / So wird dir eingeimpfft die Göttliche Natur. |
58. GOtt sterben und GOtt leben.
Stirb oder leb in GOtt; du thust an beiden wol: Weil man GOtt sterben muß / und Gott auch leben sol. |
59. Wer ist mehr GOtt als Mensch.
Wer ohn empfinden liebt / und ohn erkennen kennt: Der wird mit guttem recht mehr Gott als Mensch genennt. |
60. Vom lieben.
Mensch wilst- und liebstu nichts / so wilst und Liebstu wol. Wer gleich liebt was er wil / liebt doch nicht was er sol. |
61. Wer sich verläst / findt GOtt.
Wer sich verlohren hat / und von sich selbst entbunden / Der hat GOtt seinen Trost / und seinen Heyland funden. |
62. Jn beiden muß man seyn.
Mein Gott wie kalt bin ich! Ach laß mich doch erwarmen Jn deiner Menschheit Schoß / und deiner GOttheit armen! |
63. Der taube hört das Wort.
Freund glaub es oder nicht; ich hör' in jedem nu / Wann ich bin taub und Stumm dem Ewgen Worte zu. |
64. Ein seufftzer saget alles.
Wenn meine Seel erseuftzt
/2) und / Ach und O
schreyt hin: So ruffet sie in sich jhr End und Anbegin. |
65. Die Ewigkeit wird nicht gemessen.
Die Ewigkeit weiß nichts von Jahren / Tagen / Stunden. Ach daß ich doch noch nicht den Mittelpunct gefunden! |
66. Eins hülfft dem andern fort.
Mein Heyland der ist GOtt / und ich der andern dinge: Jm fall sie sich in mich / und ich in Jhn mich schwinge. |
67. Die Abgeschiedenheit.
Weil Abgeschiedenheit sich niemand macht gemein: So muß sie ohne sucht und eine Jungfrau seyn. |
68. Mit Schweigen wirds gesprochen.
Mensch so du wilt das seyn der Ewigkeit aussprechen / So mustu dich zuvor deß Redens gantz entbrechen. |
69. Die Geistliche Schiffart.
Die Welt ist meine See / der Schifmann Gottes Geist / Das Schif mein Leib / die Seel ists die nach Hause reist. |
70. Die Lauterkeit.
Vollkomne Lauterkeit ist Bild-Form-Liebe-loß: Steht aller Eigenschafft / wie GOttes wesen bloß. |
71. Der wesentliche Mensch.
Ein wesentlicher Mensch ist wie die Ewigkeit / Die unverändert bleibt von aller äusserheit. |
72. Wer mit den Engeln singen kan.
Wer sich nur einen blik kan übersich erschwingen / Der kan das Gloria mit GOttes Engeln singen. |
73. An den Sünder.
Ach Sünder wend dich umb / und lerne GOtt erkennen: Jch weiß du wirst Jhn bald den lieben Vatter nennen. |
74. Du must Vergöttet werden.
Christ / es ist nicht genug daß ich in GOtt nur bin: Jch muß auch GOttessafft zum wachsen in mich ziehn. |
75. Du must auch Früchte tragen.
Trinkstu deß HErren Blut / und bringest keine Frucht / So wirstu kräfftiger als jener Baum verflucht. |
76. Auch dir ist nichts versagt.
O Edler Geist entreiß / laß dich doch nicht so binden: Du kanst GOtt herrlicher / als alle Heilgen finden. |
77. A B ist schon genug.
Die Heyde plappern vil: wer Geistlich weiß zubetten / 3) Der kan mit A und B getrost für Gott hintretten. |
78. Ein Lieb verzukt das andre.
Wenn meine Seele GOtt im Geist begegnen kan / So start (O JEsu Christ!) ein Lieb das Ander an. |
79. Der geistliche Tempel GOttes.
Die Pforten deiner Stadt / Mein GOtt / sind Perlefein: Was muß doch für ein Blitz mein Geist dein Tempel seyn? |
80. Das geistliche Zion.
Führ auf HErr deinen Bau / hier ist die Friedens-Stadt / Hier ist wo Salomon dein Sohn sein Zion hat. |
81. Der Oelberg.
Sol dich deß Herren Angst erlösen von beschwerden / So muß dein Hertze vor zu einem Oelberg werden. |
82. Das Hertze.
Mein Hertz ist unten eng' und obenher so weit / Daß es GOtt offen sey / verspert der Jrrdigkeit. |
83. Der geistliche Berg.
Jch bin ein Berg in GOtt / und muß mich selber steigen / Daferne GOtt mir sol sein liebes Antlitz zeigen. |
84. Jn der höhe wird GOtt geschaut.
Hin auf / Wo dich der Blitz mit Christo sol umbgeben / Mustu wie seine drey auf Thabors höhe leben. |
85. Dein Kärker bistu selbst.
Die Welt die hält dich nicht / du selber bist die Welt / Die dich in dir mit dir so stark gefangen hält. |
86. Du musts auch selbst gewinnen.
GOtt hat wol gnug gethan: doch du trägst nichts davon / Wo auch nicht du in Jhm erkriegest deine Kron. |
87. Das geistliche Käuchelein.
Mein Leib ist eine Schal' in dem ein Keuchelein Vom Geist der Ewigkeit wil außgebrüttet seyn. |
88. Eben vom selbigen.
Das arme Käuchelein kluchst und pikt für und für: Wird es dann nicht bald sehn deß Ewgen Lichtes Zihr! |
89. Gegen Aufgang mustu sehn.
Freund wiltu an Jhm selbst das Licht der Sonnen sehn / So mustu dein Gesicht hin zu dem Aufgang drehn. |
90. Die Unterwirfflichkeit.
Der Blitz deß Sohnes GOtts durchleucht in einem Nun Die Hertzen / welche sich Jhm gäntzlich unterthun. |
91. Die Geduld.
Geduld ist über Gold: sie kan auch GOtt bezwingen / Und was Er hat und ist gantz in mein Hertze bringen. |
92. Die geheimste Gelassenheit.
Gelassenheit fäht GOtt: GOtt aber selbst zulassen / Jst ein Gelassenheit / die wenig Menschen fassen. |
93. Der geheime GOttes Kuß.
GOtt küst mich seinen Sohn mit seinem heilgen Geist / Wenn Er mich liebes Kind in Christo JEsu heist. |
94. Eins ist des andern Trost.
GOtt ist der Lichter Licht / Mein Heyland ist die Sonne / Maria ist der Mon / ich Jhrer aller Wonne. |
95. Das Lamm und auch der Löw.
Wer alles untertritt / und alles duldet fein / Der muß ein Lamm und Löw in einem wesen seyn. |
96. Warumb der H. Geist wie ein Daube erscheint.
Warumb daß GOttes Geist wie eine Daub' erscheint? Er thuts / weil Er / mein Kind dich zu erkeucheln meint. |
97. Der Heilgen Dauben näst.
Wenn du ein Däublein bist / und keine Galle hast; So findestu mein Christ im Hertzen JEsu rast. |
98. Am sichersten am besten.
Fleuch meine Daube fleuch und rast' in Christi Seelen / Wo wiltu dich sonst hin verbergen und verhölen? |
99. Die wiedergültige Däubelein.
O wunder! GOtt ist mir / ich Jhm ein Däubelein: Schau doch wie alle zwey ein ander Eines seyn! |
100. Gib Ruh / so ruhstu wieder.
Wenn GOttes Daube kan in deinem Hertzen ruhn / Wird sie dir widerumb das Hertze GOtts aufthun. |