Unsere Liebe Frau vom Heiligsten Herzen Jesu, Issoudun
I.
Gegenstand der Andacht zu Unserer Lieben Frau vom Heiligsten Herzen
Jesus hat seiner Mutter eine unaussprechliche Macht über sein Herz
verliehen, wodurch sie die Vermittlerin aller Gnaden ist, welche von
demselben ausgehen. Der hl. Bernhard sagt: "Wir müssen wissen, daß alle
Hoffnung, alle Gnade, alles Heil, das in uns ist, von ihr auf uns
überströmt. - Ohne Zweifel wird der Sohn die Mutter und der Vater den Sohn
erhören. Kann der Sohn (die Mutter) abweisen oder (vom Vater) abgewiesen
werden? Kann der Sohn unerhört lassen oder unerhört bleiben? Beides ist
unmöglich. Stets wird Maria Gnade finden, und Gnade allein ist es, was uns
nottut." (Serm. de aquaed.)
Maria besitzt den Schlüssel zum Herzen ihres göttlichen Sohnes, zu diesem
Herzen, das da ist eine unversiegbare Quelle aller Gnaden. Nach ihrem
Belieben kann sie dasselbe aufschließen, um daraus über die ganze Welt zu
verbreiten alle jene Schätze der Liebe und der Barmherzigkeit, der
Erleuchtung und des Heiles, welche dasselbe in sich verschließt. Wir dürfen
sie darum betiteln: Unsere Liebe Frau vom Heiligsten Herzen, d.h.
Schatzmeisterin des göttlichen Herzens Jesu, und uns an sie unter ihrem
neuen Ehrentitel wenden mit unbegrenztem Vertrauen, besonders in den
schwierigsten Augenblicken und in den mißlichsten Umständen des Lebens.
II. Ursprung der Andacht zu Unserer Liebe Frau vom Heiligsten Herzen
Die Missionare vom heiligsten Herzen zu Issoudun waren es, welche zuerst
Maria unter dem schönen Titel "Unsere Liebe Frau vom Heiligsten Herzen"
verehrten. Am 8. Dezember 1854, dem Tage der Verkündigung des Glaubenssatzes
von der Unbefleckten Empfängnis, hatte der Stifter dieser Gesellschaft Maria
versprochen, ihre Ehre auf ganz besondere Weise zu befördern, falls sie sein
Werk segnen wolle. Als er nun im Jahe 1857 zur Erfüllung seines Vesprechens
ihr in der Kapelle der entstehenden Kongregation zu Issoudun einen Altar
errichten wollte, da flößte ihm der Himmel den Gedanken ein, Maria anzurufen
unter dem herrlichen Namen: "U.L.Fr. vom Heiligsten Herzen Jesu". Ein
kleines Schriftchen, welches damals veröffentlicht wurde, um die Andacht zu
U.L.Fr. vom Heiligsten Herzen kennen zu lernen, erhielt die Genehmigung von
mehr als 400 Bischöfen.
III. Gebetsverein U.L.Fr. vom Heiligsten Herzen um glücklichen
Ausgang in schwierigen und hoffnungslosen Anliegen (Erzbruderschaft)
Die herrlichen Aufmunterungen von Seiten des Episkopates und die wunderbaren
Gnaden, welche durch die Vermittlung U.L.Fr. vom Heiligsten Herzen erlangt
wurden, gaben uns den Gedanken ein, ihr zu Ehren einen Gebetsverein zu
errichten, um auf ihre allvermögende Fürsprache hin, sowohl in geistlicher
als in zeitlicher Beziehung einen glücklichen Erfolg in schwierigen und
hoffnungslosen, verzweifelten Anliegen zu erlangen. (Ach! wie ungemein groß
ist heutzutage die Zahl solcher Anliegen!) Überzeugt, daß dieses von Gott
eingegebene Werk für die Welt ein Quell reichlicher Segnungen und
Gnadenhilfe werden könnte, beeilte sich der berühmte und fromme Erzbischof
von Bourges, demselben am 29. Januar 1864 die kanonische Errichtung zu
verleihen.
IV. Fortschritte des Gebetsvereins U.L.Fr. vom Heiligsten Herzen
Im Monat Juni des nämlichen Jahres geruhte Se. Heiligkeit Papst Pius IX.
durch apostolisches Breve diesen frommen Gebetsverein zu genehmigen und
denselben mit kostbaren Ablaßschätzen zu bereichern (siehe deren Aufzählen
sub Nr. VIII).
Als Pius IX. Kunde erhalten hatte von den unzählbaren Gnadenerweisungen,
welche auf Fürsprache U.L.Fr. vom Heiligsten Herzen stattgefunden, wollte
er, im Februar 1869, den Mitgliedern dieses Gebetsvereins einen glänzenden
Beweis seiner Zuneigung geben. Er beschloß die feierliche Krönung des
Gnadenbildes U.L.Fr. vom Heiligsten Herzen von Issoudun und schrieb sich
selbst als Mitglied dieser Bruderschaft ein. Unten auf dem Aufnahmebilde
schrieb er eigenhändig die schönen Worte:
Pius IX., welcher wünscht, die allerseligste Jungfrau Maria zu lieben.
Die Krönungsfeier fand statt am 8. September 1869.
Fünfzehn Prälaten, achthundert Priester und fünfundzwanzigtausend Pilger,
welche aus allen Teilen Frankreichs und aus fremden Ländern zusammengeströmt
waren, wohnten dieser erhabenen Zeremonie bei. Seither geruhte Pius IX. den
Gebetsverein mit mehreren Beglückwünschungsbreven zu beehren und sie mit
neuen Ablässen zu bereichen. (Die Kapelle U.L.Fr. vom Heiligsten Herzen zu
Issoudun, die Wiege der Erzbruderschaft, wurde von Sr. Heiligkeit Papst Pius
IX. am 13. Juli 1874 zu einer Basilika zweiten Ranges erhoben: Dieses
bevorzugte Heiligtum ist das Werk der Frömmigkeit der Gläubigen.)
Im Namen von dreiundsechzig Bischöfen Frankreichs wurde dieses Land bei der
Wallfahrt nach Issoudun, am 17. Oktober 1872 durch Se. Gnaden, den
hochwürdigsten Herrn Erzbischof von Bourges, feierlichst U.LFr. vom
Heiligsten Herzen geweiht.
Am vierten Jahrestage der Krönung, dem 8. September 1873 waren nicht nur
Frankreich, sondern auch viele fremde Gegenden durch 250 Fahnen und durch
30,000 Pilger repräsentiert.
Am 11. Dezember 1873 geruhte Pius IX. die Statue U.L.Fr. vom Heiligsten
Herzen im Kloster der Ursulinerinnen zu Sittard (Holland) krönen zu lassen;
die nämliche Gunsterweisung ließ er am 23. Oktober 1874 dem Standbilde
U.L.Fr. vom Heiligsten Herzen, welches in der den P.P. Serviten zugehörigen
St. Josephskirche zu Innsbruck (In Tirol) verehrt wird, zuteil werden.
Am 16. November 1878 gestattete Se. H. Papst Leo XIII., die alte, früher den
Spaniern gehörende Kirche des hl. Jakobus, welche die Missionare vom
Heiligsten Herzen angekauft hatten, und welche sich zu Rom, dem Mittelpunkte
des katholischen Erdkreises, befindet, U.L.Fr. vom Heiligsten Herzen zu
weihen.
Endlich, durch Dekret vom 26. April 1879, setzte Se. päpstliche Heiligkeit
Leo XIII. für die ganze katholische Welt in dieser nämlichen Kirche zu Rom
die Allgemeine Erzbruderschaft U.L.Fr. vom Heiligsten Herzen ein und
betraute mit deren Leitung die Missionare vom Heiligsten Herzen zu Issoudun.
Zu allen Zeiten des Jahres kommen Scharen von Pilgern, teils aus
Dankbarkeit, teils um reichlichere Gnaden und Gunstbezeugungen zu erlangen,
in ihre Basilika nach Issoudun und Rom, um darin zu U.L.Fr. vom Heiligsten
Herzen zu beten. Getröstet kehren dieselben nach Hause zurück, indem sie
Gott bitten, er möge sie später wiederum zu den Füßen von U.L.Fr. vom
Heiligsten Herzen zurückkehren lassen.
Gebet
Gedenke,
Unsere Liebe Frau vom Heiligsten Herzen Jesu:
Großes hat an dir der Herr getan.
Er wählte dich zur Mutter
und rief dich zu sich unter das Kreuz.
Er lässt dich teilnehmen an seiner Herrlichkeit.
Er erhört dein Flehen.
Bring ihm dar unseren Lobpreis und Dank.
Empfiehl ihm unsere Bitten.
Hilf uns,
in der Liebe deines Sohnes zu leben wie du,
damit das Reich Gottes komme!
Führe alle Menschen zum Quell lebendigen Wassers,
der aus dem Herzen Jesu entspringt
und über die Welt Hoffnung und Heil,
Gerechtigkeit und Frieden bringt.
Sieh auf unser Vertrauen,
antworte auf unser Rufen
und zeige dich immerfort als unsere Mutter.
Amen